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Warum wir noch hier sind

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VON VERLUST UND DEN MENSCHEN, DIE ZURÜ DIE GESCHICHTE VON EINEM DANACH
TAUSEND WORTE FÜR LEERE
Auf dem Tisch liegt ein Fotoalbum. Fotos von Etty als Baby. Etty mit vier Jahren im Schwimmbad. Etty mit Elf beim Mini-Golf. Etty mit vierzehn Jahren vor der Haustür, kurz vor ihrem gewaltsamen Tod. Die Gefahr, der Frauen und Mädchen in dieser Welt ausgesetzt sind, ist nun in die unmittelbare Nähe der Erzählerin gerückt. Denn Etty war die Tochter ihrer besten Freundin Heide. Von nun an unterliegt ihre Welt einer zweiten Zählzeit. Da, wo Ettys Leben endete, fängt für sie ein anderes Leben an. Was bleibt, sind diese Fotos, die Erinnerungen und so viele Wie weiterleben? Wie jeden Tag aufstehen? Wie sich weiterhin in der Wohnung aufhalten, in der Etty zuhause war? Wie ihr Lachen, ihre frechen Antworten, ihre feinen Gesichtszüge erinnern, ohne zu zerbrechen? Der eigentlich unmögliche Versuch, das Geschehene zu verstehen, wird zum Versuch, zu funktionieren.
IM SCHWEBEZUSTAND, AUFGELADEN MIT LIEBE, UNTERFÜTTERT MIT HILFLOSIGKEIT
Mit beeindruckender Präzision beleuchtet Marlen Pelny die Geschichte eines Femizides aus der Perspektive der Hinterbliebenen und lässt uns dabei überwältigende Emotionen spüren. Sie zeigt, was es bedeutet, zurückzubleiben. Wenn einer Mutter zwei Tage Sonderurlaub zur Trauer zugestanden werden. Wenn Ordner voller Bürokratie abgearbeitet werden müssen � ganz oben auf Geburts- und Sterbeurkunde, mit denen sich nun Ettys ganzes Leben zusammenfassen lässt. Wenn sich die Trauer in pochende Kopfschmerzen verwandelt und man sich ein Leben ohne ihn nicht mehr vorstellen kann. Aber Wie es sich anfühlt, wenn die eigene Stadt, Berlin, wo man sich nicht nur zuhause sondern auch frei gefühlt hat, plötzlich zur Gefahrenzone wird.
"HIN UND WIEDER WERDEN WIR UNSERE KÖPFE AUF DIE WAAGE LEGEN UND SCHAUEN, OB SIE LEICHTER WERDEN, MIT DER ZEIT"
Hier erzählt eine zarte und zugleich kraftvolle Erzählerin so nahbar, dass man sie auf keinen Fall alleine lassen möchte. Klar, aber nicht voyeuristisch, schonungslos, aber nicht brutal wird fein und dicht von Verlust und Trost, von Trauer und Liebe, von einem Danach erzählt. Dieser Roman ist eine sprachlich kraftvolle gegen Ungerechtigkeit, die tötet. Gegen die Gewalt, der wir täglich begegnen und die wir zu überleben versuchen.

225 pages, Kindle Edition

Published August 29, 2023

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About the author

Marlen Pelny

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Community Reviews

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Displaying 1 - 12 of 12 reviews
Profile Image for Alexandra .
936 reviews351 followers
September 15, 2023
Ich schätze die Autorin seit ihrem letzten Roman Liebe/Liebe und war damals schon beindruckt, wie empathisch sie komplett furchtbare Ereignisse erzählen kann, sodass man als LeserIn völlig gefangen und involviert ist, ohne grausam, abgestoßen oder überfordert zu sein. Pelny beschrieb damals heftig und aufrüttelnd aber auch gefühlvoll und positiv wie Traumata eines Missbrauchs überwunden werden können. Irgendwie kommt sie mir vor wie eine Anwältin, Therapeutin oder Fürsprecherin der Opfer, die sehr sensibel diese Thematik an Unbetroffene weitervermitteln kann.

Auch dieser Roman betont erneut die Stärken der Autorin und folgt demselben Konzept. Diesmal geht es darum, dass eine Mutter ihre 14-jährige Tochter Etty in Berlin durch Vergewaltigung und anschließenden Mord verloren hat. Die Geschichte wird aus Sicht ihrer besten Freundin erzählt, die mangels eigener Kinder auch eine sehr innige Beziehung zum Opfer hatte. Der gesamte Plot umfasst eine relativ kurze Zeitspanne von der Tat bis ein paar Wochen nach dem Begräbnis und schildert detailliert die einzelnen Phasen der Trauer und Bewältigung aller involvierten Personen, aber auch die Reaktionen des gesamten Umfeldes.

Die Aufarbeitung beginnt mit der Leere und Depression nach dem Ereignis, die zu erledigenden organisatorischen Aufgaben, die gezwungenermaßen unbedingt abgewickelt werden müssen. In diesem Fall kommt vor der Planung Bestattung noch die Konfrontation mit den Ermittlungsbehörden verschärfend dazu und die Ungewissheit, wann endlich die Leiche aus der Gerichtsmedizin freigegeben wird. In allem unterstützt unsere Protagonistin, ihre beste Freundin Heide, die völlig apathische und wahrscheinlich selbstmordgefährdete Mutter des Opfers so gut sie kann, obwohl sie selbst auch komplett verzweifelt ist, weil sie das Mädchen fast als ihre eigene Tochter gesehen hat.

Dabei hat unsere namenlose Ich-Erzählerin selbst auch noch so ihre eigenen zusätzlichen Probleme, die Oma ist alt und gebrechlich und braucht ihre Hilfe, der Job beim Produktionsteam von Bauer sucht Frau muss weitergehen und viele andere Baustellen sind auch noch zu erledigen. In dieser Phase zeigt sich, wer die wahren Freunde sind. Viele absentieren sich, weil sie bei so einer schrecklichen Tat nicht wissen, was sie sagen sollen, lassen sie die Trauernden komplett im Stich. Einige wenige wie Sophie sind einfach da und machen das Richtige, Michi stellt bei Heide zumindest Essen vor die Türe. Der Klappentext beschreibt sehr gut, was der Roman verspricht und auch völlig einhält.

"Wie weiterleben? Wie jeden Tag aufstehen? Wie sich in der Wohnung aufhalten, in der auch Etty zu Hause war? Und wie in der Stadt Berlin, in der sie sich nicht länger frei, sondern gefährdet fühlen. Im Schwebezustand, aufgeladen mit Liebe, unterfüttert mit Hilflosigkeit erleben wir in diesem Roman eine aufrichtige Selbstverständlichkeit von Fürsorge und Zusammenhalt, wie sie selten gezeigt wird."

Nicht oft habe ich Emotionen so großartig punktgenau beschrieben bekommen, ohne Kitsch, aber sehr blumig wortgewaltig.

"Jetzt sitzen wir voreinander, miteinander, beieinander. Nichts bringt etwas. Das Schweigen genauso wenig wie das Reden. Es fühlt sich so an, als wären wir in einem Ballon. Als wäre zwischen uns und der realen Welt eine dicke Scheibe, durch die wir zwar schauen, aber die wir nicht durchbrechen können."

Als sich herausstellt, wer Etty ermordet hat, macht sich keine Erleichterung breit, im Gegenteil, alle kennen den Täter, sind entsetzt und fühlen sich nun völlig unsicher.

Bald ist die Protagonistin ziemlich aufgerieben zwischen der Sorge um ihre Freundin Heide und der um ihre Großmutter, zumal sie meint, beide nicht mit ihren eigenen Problemen belasten zu können. So weiß weder die Oma vom Tod und von der Trauer um Etty und Heide nichts von den Problemen mit der Großmutter und den anderen Baustellen. Als sich die Lage entspannt und sich die Ich-Erzählerin endlich ein Herz fasst, um bei beiden über ihre Anliegen zu reden, geht die positive Aufarbeitung voran und alle können ein bisschen heilen.

Fazit: Ein sehr sensibles und wundervolles Buch über die Bewältigung von Verlust und Trauer durch Freundschaft und Liebe. Und das auch noch ohne jeglichen Kitsch präsentiert mit einer grandiosen, glaubwürdigen, allmählichen Entwicklung, die letztendlich in vorsichtigem Optimismus endet. Absolute Leseempfehlung!
Profile Image for Nadin.
AuthorÌý1 book26 followers
January 5, 2024
Obwohl Marlen Pelnys Bücher mich die ganze Zeit magisch anziehen, bin ich wegen der heftigen Themen lange um sie herumgeschlichen. Nachdem die Autorin sich in "Liebe/Liebe" dem Trauma Kindesmissbrauch gewidmet hat, nimmt der zweite Roman einen Femizid zum Ausgangspunkt. In "Warum wir noch hier sind" trauern eine Mutter und ihre beiden engsten Freundinnen um eine vor der Haustür vergewaltigte, ermordete 14-Jährige.

Die Suche nach dem Täter steht kaum im Fokus, dennoch habe ich gebannt gelesen und mich an der markanten Sprache erfreut. Die Erzählerin kam mir so nahe, dass mir erst im Nachhinein ihre Namenlosigkeit aufgefallen ist. Nahe gingen mir nicht nur die Phasen ihres Verlusts, sondern besonders die herzerwärmende Fürsorge um ihre verstörte Freundin und parallel um ihre eigenwillige Großmutter sowie die große Irritation, mit der sie den Alltag in Kreuzberg und Halle nun wahrnimmt, aber dennoch durchsteht.

Im Buch stecken jede Menge Hass aufs Patriarchat und unendlich viel Liebe - und auch ein Humor, den man lebensklug nennen könnte. Es hat verdient, genauso zärtlich in der Hand gehalten zu werden, wie die Protagonistin über Herrndorfs "Arbeit und Struktur" streicht.
Profile Image for Estrelas.
785 reviews
September 30, 2023
Die Erzählerin beschäftigt sich mit dem Tod, einerseits gemeinsam mit ihrer Großmutter, andererseits mit ihrer Freundin. Mit Ersterer besucht sie den Großvater auf dem Friedhof, Letzterer steht sie dabei bei, den Verlust ihrer Tochter zu verarbeiten.
Die Leiden des Alters könnte man vielleicht noch belächeln, beim Mord an einem Kind, wird das schon schwieriger. Die Autorin schafft es ganz wunderbar, Leichtigkeit und Schwermut miteinander zu kombinieren.
Sie verwendet eine fantasievolle Sprache, und ich möchte überall Zettelchen kleben, um mich all der schönen Worte zu erinnern. „Stattdessen stecke ich meine Gedanken in eine imaginäre Tüte mit so einem Zip-Verschluss. Ich atme aus, nehme die Tüte in die eine Hand und Großmutters Hand in die andere.�
Das Buch sprüht vor Energie durch den Zusammenhalt seiner Figuren und deren charmante Dialoge. Es hat mich inhaltlich berührt und sprachlich verzückt, so dass ich es unbedingt weiterempfehle.
Profile Image for Regan.
568 reviews50 followers
November 25, 2023
Marlen Pelny’s sophomore novel follows a narrator whose best friend’s 14-year-old daughter has just been murdered outside their apartment building in Berlin. It’s slow and emotional, about the ways grief manifests in daily life —it’s kind of an anti-true crime story/anti-thriller, about those who are forced to live in the aftermath of violence rather than the perpetrators or victims. A really beautiful novel that would be wonderful to see in English translation
Profile Image for Mademoiselle Rosalie.
1 review
September 10, 2023
Marlen Pelnys Roman „Warum wir noch hier sind� fasst in Worte, wofür so viele keine Sprache haben, benennt, worüber noch zu sehr geschwiegen wird: Tod, Trauer & Femizid.

Der Mord an der vierzehnjährigen Etty erschüttert die Hinterbliebenen und sie bleiben in ihrer Trauer zurück. Die Ich-Erzählerin, die mit Ettys Mutter befreundet ist, und eine weitere Freundin versuchen gemeinsam das Danach zu bewältigen: Trauer, Angst und Vertrauensverlust. Denn Ettys Tod macht einmal mehr klar, dass weibliche Personen nicht von Angst frei sein könnten, gefährdet sind � oftmals gerade dort, wo sie sich sicher wähnen.

Dabei werden Genreerwartungen nicht bedient, der Roman ist kein Krimi. Und genau das macht ihn so lesenswert, denn der Fokus liegt auf Trauer und Verlust. Geschickt werden die Themen des Romans durch Nebenhandlungen betont, da ist zum einen die zusehends pflegebedürftige Großmutter, zu der die Ich-Erzählerin eine sehr starke Beziehung hat. Viele der Szenen mit Enkelin und Großmutter sind liebevoll und zärtlich - und zeigen eine andere Variation von Verlust, Sterben und Trauer. Zum anderen arbeitet die Ich-Erzählerin für „Bauer sucht Frau�, was patriarchale Strukturen und deren mediale Reproduktion stark kritisiert � und das mit einem erzählerischen Augenzwinkern.

Marlen Pelny zeichnet ihre Figuren liebevoll, zärtlich, es gelingt ihr mit einer Leichtigkeit von einem so schweren Thema zu erzählen � ohne dass die Wirkung verfehlt wird.

Ich lege euch diesen Roman sehr ans Herzen, im wahrsten Sinnen des Wortes, denn es gelingt nicht nur die Gefahr, der Frauen und Mädchen ausgesetzt sind, die ständige Angst, die sie verspüren, darzustellen, sondern dem Worte zu geben, was einen so sprachlos und verstummt hinterlassen kann.



Danke für das Rezensionsexemplar an HAYMONVERLAG & LOVELY BOOKS
757 reviews7 followers
November 30, 2023
Trauerbewältigung und der Umgang mit dem Tod � sehr berührende Momente.
Das eher farblich schreiend poppig gestaltete Cover zeigt stilisiert drei nebeneinander stehende Frauen zwischen zwei hohen, schmucklosen Gebäuden, deren Blick in die Höhe gerichtet ist. Es wirkt insgesamt erfrischend jung und modern � so hätte Etty, das 14-jährige Mordopfer, ihre Beerdigung gewünscht. Der Buchtitel erinnert an die vielen quälenden Augenblicke für die Zurückgebliebenen nach dem sinnlosen, gewaltsamen Tod eines geliebten Menschen. Die Szenerien spielen in Berlin und Halle an der Saale.
Im ersten Erzählstrang geht es um die emotionale Erschütterung der Hinterbliebenen in Berlin, um ihre beste Freundin, die Mutter von Etty. Sie ist total überfordert mit der notwendigen Bürokratie bei einem Todesfall, seelisch erschlagen in enormer Hilflosigkeit an einem Ort, der sich eigentlich für die Erzählerin wie ein Zuhause anfühlte, nun aber zur Gefahrenzone mutiert,
Die zweite Erzählebene spielt in einem Plattenbau von Halle, der Wohnort der geliebten 84-jährigen Großmutter. Die bildhafte Schilderung am Grab des Großvaters, im Restaurant, in der Wohnung im 7. Stock spiegelt ein liebevolles, respektvolles Miteinander wieder. Bei all den fürsorglichen Besuchen der Hauptfigur, ihrer Enkelin, findet sich neben ihrer Liebe auch sehr viel Trost.
Der kraftvolle, klare Sprachstil geht nicht brutal, sondern sehr fein und einfühlsam um mit Emotionen der Trauer, des Verlusts und Trostes. Gleichzeitig lehnt sich die Hauptprotagonistin auf gegen Gewalt gegenüber Frauen.
Ein Lesehighlight!
1 review
January 13, 2024
Ein sehr berührendes Buch, dass Einblick gibt wie Menschen versuchen die traumatische Erfahrung des Verlustes, eines geliebten Menschen , in ihr Leben zu integrieren. Es macht aufmerksam auf die Situation von Frauen, die dem Risiko Gewaltopfer zu werden, eigentlich ständig ausgesetzt sind. Und die Not, die damit verbunden ist, dass wir als Gesellschaft dem offensichtlich nichts entgegenzusetzen haben!
11 reviews
September 8, 2023
Das Buch hat mich sehr berührt. Ich fand die Schilderungen der Trauer der Figuren sehr ehrlich und authentisch. Auch finde ich gut, dass das Buch das Thema Femizid aufgreift. Da es auch in Deutschland noch täglich eine Rolle spielt. Mit dem Thema Trauer wurde schonungslos ehrlich umgegangen und damit verbundene „Missstände" in der Gesellschaft offen angesprochen. Das hat mir gut gefallen.Ìý
Profile Image for Gina Carlotta.
84 reviews
March 22, 2025
Ein Stern Abzug, weil ichs mir ein bisschen inklusiver gewünscht hätte, aber die Sprache fand ich wirklich toll
Displaying 1 - 12 of 12 reviews

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