Elisabeth ist das jüngste der vier Brugger-Kinder. Im Ersten Weltkrieg arbeitet sie als Lazarettschwester, nach dem Krieg studiert sie Medizin. Sie heiratet den Sohn einer alteingesessenen Wiener Ärztefamilie, der versehrt von der Südfront zurückgekehrt ist. Die beiden führen gemeinsam eine Praxis. Elisabeth kann die Augen nicht verschließen vor dem Elend der Frauen, die in ihrer Verzweiflung eine Engelmacherin aufsuchen. Sie muss sich die Frage stellen, wie weit sie bereit ist zu gehen � Eine besonders enge Beziehung hat sie zu ihrem Bruder Eugen, sie ist die Einzige, die von seiner Affäre mit der Frau seines Zwillingsbruders Carl weiß. Als Eugen eine Familie vor der SS versteckt, wird er selbst zum Gesuchten. War es Carl, der ihn verraten hat?
In "Nur nachts ist es hell" begleiten wir eines der Kinder der Familie Brugger im Mühlviertel, die wir bereits aus "Über Carl reden wir morgen" kennen. Diesmal erzählt die jüngste Schwester Elisabeth aus ihrem Leben. Dabei kommen auch wieder Carl und sein Zwillingsbruder Eugen in Rückblenden vor. Man muss den Vorgänger jedoch nicht gelesen haben, um den neuen Roman der Autorin zu verstehen, denn Judwith W. Taschler greift sehr oft auf Ereignisse im Vorgänger zurück. Für mich war es fast zu viel, was verraten wurde, falls man "Über Carl reden wir morgen" noch lesen möchte...
Elisabeth blickt zurück auf ihr Leben und erzählt oder schreibt ihre Gedanken für ihre Großnichte nieder. Dabei wird aber nicht chronologisch berichtet. Noch in der Kaiserzeit geboren, ist Elisabeth die Jüngste und das einzige Mädchen der Familie Brugger. Kurz nachdem sie die Matura erfolgreich bestanden hat, beginnt der Erste Weltkrieg. Sie meldet sich als Lazarettschwester und wird in Siebenbürgen eingesetzt. Nach dem Krieg heiratet sie Georg, den kriegsversehrten Kommilitonen ihres gefallenen Bruders Gustav. Die Zeit im Lazarett lässt in ihr den Wunsch aufkommen Medizin zu studieren, was für eine Frau zu dieser Zeit alles andere als einfach war. Auch ihr weltoffener Vater ist damit nicht wirklich einverstanden. Doch Elisabeth ist es Zeit ihres Lebens sehr wichtig, eine eigenständige und emanzipierte Frau zu sein, die sich nur schwer unterordnen lässt. Als Ärztin liegen ihr besonders ungewollte Schwangerschaften und die oftmals lebensbedrohenden Pfuschereien diverser Engelmacherinnen am Herzen. Sie erzählt von ihrer Ehe, großen Verlusten und Familiengeheimnissen. Neben ihrer eigenen Lebensgeschichte spielen auch die ihrer Brüder eine größerer Rolle, vorallem Eugen rückt diesmal ins Zentrum.
Judith W. Taschler lässt Elisabeth ihre Lebensgeschichte nicht chronologisch erzählen. Sie springt in den Zeiten hin und her, was es mir nicht immer leicht gemacht hat. Manchmal hat man das Gefühl immer wieder einzelne Fragmente erzählt zu bekommen. Das stört etwas den Lesefluss. Es ist, wie schon der Vorgänger, kein Buch, welches man so nebenbei weglesen kann.
Der Schreibstil ist wie immer dicht, detailliert und bildgewaltig, aber auch ein bisschen distanziert. Ihre Charaktere sind wunderbar gezeichnet und haben Tiefe. Ganz nebenbei erfährt man sehr viel über die österreichische Politik in diesen fast achzig Jahren: vom Kaiserreich zur Demokratie, dem Anschluss ans Deutsche Reich, dem Staatsvertrag und den Abzug der vier Großmächte 1955 bis hin ins Jahr 1972.
Mir hat "Über Carl reden wir morgen" besser gefallen. Dazu trägt sicher auch die nicht chronolgisch erzählte Geschichte bei, denn Taschler springt sehr oft in der Zeit. Vorallem die erzählten Kriegserlebnisse waren für mich oftmals für kurze Zeit nicht ganz zuordbar - bis ich wieder wusste, in welchen Krieg und welcher Zeit ich mich befand. Ansonsten aber ein bewegender Roman über eine starke Frau und ihre Familie.
Am Ende gibt es noch den Familienstammbaum der Bruggers, der mit Anton Brugger ab 1828 beginnt.
Fazit: Nicht unbedingt eine Fortsetzung von "Über Carl reden wir morgen", sondern eine andere Sichtweise der jüngeren Schwester aus dem Hause Brugger. Vorallem aber eine bereichende Lebensgeschichte einer starken Frau, die zwei Kriege miterlebt hat und sich als Ärztin besonders für die Frauen eingesetzt hat. Nicht ganz so stark wie "Über Carl reden wir morgen".
Das Buch und der Stil in dem die Geschichte erzählt wird, war etwas vollkommen Neues für mich und doch so gelungen!
Unglaublich, wie sehr man sich in die Erzählerin und die Erinnerungen aus ihrem Leben hinein fühlen konnte und mitgenommen wurde. Noch immer bin ich vom Ende bewegt und muss das Buch wirken lassen.
In Judith W. Taschlers „Nur nachts ist es hell�, schreibt die fast 80jährige Elisabeth Brugger ihre Lebensgeschichte für ihre Großnichte Christina nieder. Elisabeth ist das jüngste von vier Kindern und wächst mit ihren Brüdern, den wesentlich älteren Zwillingen Eugen und Carl sowie Gustav behütet in der Provinz auf. Sie ist 1895 geboren und gehört damit zu der Generation, deren Leben durch zwei Weltkriege bestimmt wurde. Ihr Vater ermöglicht ihr den Besuch der höheren Schule, was zu der Zeit für Mädchen durchaus unüblich war. Als sie neunzehn Jahre alt ist, bricht der erste Weltkrieg aus und Elisabeth arbeitet vier Jahre als Krankenschwester in Lazaretten. Nach dem Krieg heiratet sie Georg, einen kriegsversehrten Kommilitonen ihres gefallenen Bruders Gustav. Gegen alle Widerstände studiert sie als eine von nur wenigen Frauen Medizin, Unterstützung erfährt sie nur durch ihren Mann und ihren Bruder Eugen. Sie bekommt zwei Söhne und arbeitet als Ärztin in der Praxis ihres Mannes mit. Durch diese Tätigkeit wird sie auch häufig mit Frauen konfrontiert, die in diesen schweren Zeiten ungewollt schwanger sind. Auch wenn die zwei Weltkriege das Leben von Elisabeth und ihrer Familie beeinflussen, sind sie nicht das alles beherrschende Thema. „Nur nachts ist es hell� ist eine fesselnde Familiengeschichte, aber auch eine Geschichte über Frauenrechte in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, Emanzipation, Durchhaltevermögen und Mut einer starken Frau. Elisabeth erzählt ihr Leben nicht chronologisch, sondern es kommt zu vielen Zeitsprüngen und Rückblenden. Dadurch ist die Erzählung für mich durchweg spannend und sehr authentisch. Allerdings erfordert dieses Stilmittel auch einige Konzentration beim Lesen, es ist kein Buch, das man mal so einfach nebenbei weglesen kann. Taschlers Erzählweise ist schnörkellos, direkt knapp und klar. Schon nach wenigen Seiten war ich mitten in der Geschichte. Sehr gut gefallen hat mir auch, dass viel wissenswerte Information zu Medizingeschichte, politischen Ereignissen, etc. in die Geschichte eingeflossen ist. Gute Literatur, die gleichzeitig Wissen vermittelt � was will man mehr! Auch wenn „Nur nachts ist es hell� der zweite Teil der Brugger-Familiensaga ist, kann man der Geschichte durchaus problemlos folgen ohne den ersten Teil „Über Carl reden wir später� gelesen zu haben (was bei mir der Fall war). Das Buch hat mir allerdings so gut gefallen, dass ich „Über Carl reden wir später� nun auf jeden Fall auch noch lesen werde. Also klare Leseempfehlung meinerseits!
TASCHLER, Judith W.: „Nur nachts ist es hell�, Wien 2024 Die Hauptperson dieser Geschichte ist die 1895 geborene Elisabeth. Wie bei wissenschaftlichen Werken üblich, hatte Frau Taschler in diesem Roman gleich zu Beginn eine Zusammenfassung des Lebens, das sich über den Ersten und Zweiten Weltkrieg erstreckte geliefert. In den folgenden Kapiteln geht es dann ins Detail des Lebens der Frau. Mit der Zusammenfassung behält man aber einen leichteren Überblick über die sehr weitverzweigte Erzählung. Elisabeth, nun als alte Frau, erzählt der Großneffin Christina ihr Leben. Elisabeth ist am Land aufgewachsen. Der Vater betrieb ein Handelsgeschäft und die Familie war wohlhabend. „Mein Vater, ein erfolgreicher Kaufmann, konnte seiner Familie vieles bieten, mehr als es damals in einem kleinen Dorf üblich war. Mir fehlte es an nichts und außerdem war ich geliebt.� (Seite 15) Sie hatte drei Brüder. Einer studierte in Wien und der Vater kaufte dazu eine Wohnung in der Hauptstadt. Später schickte er auch das Mädchen in eine höhere Schule nach Wien. Es war das erste Gymnasium, an dem Mädchen studieren durften. Die Mutter versorgte die Kinder in Wien und der Vater blieb bei seinem Geschäft in der Provinz zurück. Während des Ersten Weltkrieges meldete sich Elisabeth zu einer Krankenschwesterausbildung und arbeitete in verschiedenen Lazaretten. Die Brüder meldeten sich zum Entsetzen der Eltern zum Kriegsdienst. Einer von ihnen � Gustav � fiel an der Ostfront. Ein russisches Artilleriegeschoss traf das Sanitätszelt, in dem er arbeitete. Ein zweiter Bruder war nach Amerika ausgewandert. Der dritte war an der Front zu Italien verletzt worden und hatte Probleme mit einem Vorgesetzten. Er musste untertauchen, um nicht vor ein Kriegsgericht gestellt zu werden. Unter falschem Namen lebte er dann zu Hause. Als der Bruder aus Amerika heimkam, tauschten die beiden ihre Identitäten. Eine sehr komplizierte Angelegenheit, bei der es auch zu Überschneidungen in den Beziehungen und den Vaterschaften kam. Elisabeth begann ein Medizinstudium, das damals für Frauen nicht einfach war. „Man duldete Frauen bei den Kursen und Übungen, um nicht zu sagen: Man ignorierte sie. Wenn man sie beachtete, schwang oft Geringschätzung mit, Unfreundlichkeit gepaart mit zynischen Kommentaren.� (Seite 96) Sie verliebte sich in den Sohn einer traditionellen Arztfamilie. Georg kam verwundet aus dem Krieg heim. Er hatte eine Hand verloren. 1923 kam ein Sohn zur Welt, was das Studium nicht gerad erleichterte. Nach der Geburt des zweiten Sohnes nahm sie sich eine Auszeit und schloss 1925 das Medizinstudium ab. Der Mann arbeitete in der Ordination des Vaters und Elisabeth begann in der Station für Frauenheilkunde am Sophienspital. Später haben sie gemeinsam eine Ordination betrieben, wobei aber jeder seine eigenen Patienten hatte. Sie bekamen zwei Kinder. Die Buben wurden im Zweiten Weltkrieg eingezogen. Der Ältere kam an die Ostfront und wurde bereits ein Jahr später als vermisst gemeldet. Tatsächlich kam er in russische Kriegsgefangenschaft. Nur einmal kam ein Brief. 1944 teilte er den Eltern mit, dass er in einem großen Lager in der Kohlestadt Stalinsk gefangen sei. 1949 kam er frei. Von den 217 Gefangenen seiner Einheit hatten nur 19 überlebt. Der jüngere Sohn meldete sich auf Grund seiner Französischkenntnisse als Dolmetsch und wurde nach Paris versetzt. Als Paris von den Alliierten erobert wurde, schlug er sich zu Fuß nach Hause durch. Elisabeths Ehemann, der schon den Ersten Weltkrieg erlebte und als Invalide von der Front zu Italien heimkam, konnte sich mit den Ereignissen im Zweiten Weltkrieg nicht abfinden und beging Selbstmord. Am Ende des Krieges zog Elisabeth aus Sicherheitsgründen in ihr Heimatdorf. Nochmals kommt sie in Kontakt mit dem geliebten Bruder, der im Elternhaus eine jüdische Familie versteckte. Der Sohn des Bruders wurde als Jugendlicher eingezogen. Eugen machte sich auf den Weg ihn zu finden und brachte ihn heim. Man hatte ihn „als Flakhelfer in einer Scheinwerferstellung nördlich von Linz eingesetzt.� (Seite 282) Nach Kriegsende führte Elisabeth die Ordination in Wien weiter und baute eine Nachfolgerin auf. Die Nachkriegsjahre waren schwierig, weil es an allem fehlte. Der jüngere Sohn übersiedelte nach Innsbruck, wo er bei den französischen Besatzungstruppen als Dolmetsch arbeitete und blieb in Tirol, wo er eine akademische Karriere begann. Mit 65 zog sich Elisabeth schrittweise aus der Ordination zurück und mit 67 war sie endgültig in Pension gegangen. Sie ging keine Beziehung mehr ein und blieb allein. Sie engagierte sich in einer Frauenrechtsbewegung und genoss ihren Alltag mit Freundinnen. Judith Taschler beschreibt sehr einfühlsam die Beziehungen der einzelnen Familienmitglieder und das Leben der Vorfahren. Sie hat viele Geschichten im Roman verpackt. So etwa das Leben des Bruders von Elisabeth in Amerika, als er zum zweiten Mal in die USA ausgewandert war. Elisabeth hatte alle Briefe des Bruders aufgehoben und übergab sie der Enkelin des Großvaters. Der Grund seiner neuerlichen Auswanderung war das starke Schuldgefühl, weil er mit seiner Schwägerin, der Frau seines Zwillingsbruders Kinder gezeugt hatte, die jetzt als Kinder des Bruders aufwachsen. Auch haben sie ihre Identität getauscht. Mit falschem Namen kehrte er nach Amerika zurück. Als erfolgreicher Holzunternehmer mit seinem echten Namen Eugen Brugger hatte er das Land vor langem verlassen. Als Tom Danek kehrte er zurück. Er nahm viele Jobs an. Arbeitete in einem Hotelrestaurant. War Kellner in einem italienischen Restaurant. War Bauarbeiter in San Francisco. Wieder zurück in Boston stieg er beim Betrieb eines Freundes ein. Später kaufte er ein Hotel, renovierte es, und nannte es nach seiner geliebten Schwester „Elisabeth�. Das Geschäft lief gut, bis zum Börsenkrach. Er schrieb der Schwester: „Die Dinge stehen schlecht. Die Gäste werden immer weniger und die Bank wird immer lästiger. Ich kratze jeden Monat alles zusammen, nur um die Kreditrate zu zahlen.� (Seite 186) Er muss Angestellte entlassen und muss selbst Arbeiten wie Betten beziehen und putzen übernehmen. Ein Angestellter blieb ihm: ein Schwarzer, der ihm anbot zum halben Lohn zu arbeiten. Das Leben dieses Menschen würden wieder ein Buch füllen. Seine Familie kam vor 150 Jahren als Sklaven nach Amerika. Mit ihm versucht Eugen das Hotel über Wasser zu halten. Sie geben auch Prostituierten Quartier (was verboten war) und brannten Schnaps, worauf hohe Strafen standen. Mit diesen illegalen Einkünften überlebten sie, bis sie ein Gast angezeigt hatte und sie in den Kerker kommen. 14 Monate war er im Gefängnis. Sein Freund starb durch Folterungen. Seiner Schwester Elisabeth offenbarte er sich in diesen Briefen und erzählte ihr von seiner großen Liebe. Er hatte als Portier in einem Waisenhaus gearbeitet. In eines der Mädchen verliebte er sich und warb um sie, als sie dann älter war. Die Herkunft und das Leben dieses Mädchens, dieser Frau würde einen eigenen Roman füllen können. Nur so viel: der Vater war ein irischer Auswanderer. Die Mutter eine Indigene. Bei einem Überfall wurden die Eltern und Geschwister erschlagen. Sie überlebte schwerverletzt und kam über Umwege ins Waisenhaus. Die beiden kamen aber nicht zusammen. Die Geliebte fand ein Zuhause bei einem Witwer im Holzgeschäft und zog dessen Kinder auf. Eugen hatte sie versprochen, mit ihm auszuwandern, sagte aber in letzter Minute ab. Nach dem Gefängnisaufenthalt rissen die Briefe an die Schwester ab. Er nahm 1932 eine schwere Arbeit in einer Mühle an, in der er 30 Jahre vorher seinen ersten Job gefunden hatte. In ihren Erzählungen beschreibt Elisabeth auch zwei Liebschaften in ihrem Leben. Einerseits ein Instrumentenbauer, mit dem sie eine Italienreise machte. In einer Zeit, in der die Beziehung zu ihrem Mann etwas abgekühlt war, weil sie Engelmacherinnen mit Medikamenten und Instrumenten versorgt hatte, ja diese sogar einschulte. Elisabeth musste dafür sogar ins Gefängnis. Am Ende des Buches springt sie in der Erzählung wieder zurück zu ihrer Schulzeit, in der sie sich in einen Geschichtsprofessor verliebt hatte. Sie hatte sich nach einer Ausbildung als Krankenschwester in ein Lazarett an die Front gemeldet. Zuerst in der Ukraine und dann in Rumänien, wo sie den Geschichtsprofessor wieder traf. Er wurde verwundet und sie betreute ihn speziell. Die Liebe der beiden wurde für alle sichtbar. Als er genesen wieder an die Front geschickt wurde, kam er einige Wochen später zurück und starb an seinen neuerlichen Verletzungen. Elisabeth kehrte nach Wien zurück, um sich an die Südfront in Italien zu melden. Neben den menschlichen Schicksalen werden auch die allgemeinen geschichtlichen Ereignisse beschrieben. So wird wird in einem eigenen Kapitel die Situation der Zwischenkriegszeit beschrieben. Ich habe die literarische Karriere von Judith Taschler all die Jahre verfolgt, habe alle ihre Bücher gelesen und auch rezensiert. Sie hat intensiv an ihrer schriftstellerischen Entwicklung gearbeitet. Anfangs hatte sie noch neben ihrem Beruf als Deutsch- und Geschichtslehrerin gedichtet und irgendwann hat sie den Sprung gewagt, um vom Schriftstellerinnentum auch leben zu können. Die Hauptperson des vorliegenden Romans „Nur nachts ist es hell� ist Elisabeth, eine Ärztin. Beeindruckend ist es auch, wie sie viele Geschichten in diese Erzählung verpackt. Wie bei einer russischen Matroschka Puppe tauchen immer wieder neue Romanfiguren auf. Die große äußere Puppe ist Elisabeth, die Ärztin und in ihr stecken Figuren wie das Leben des Bruders in Amerika, ein Waisenkind, das lesbische Leben der Mutter, die Geschichte eines Liebhabers von Elisabeth, und viele Menschenbilder mehr.
Judith W. Taschler wählt für dieses Buch eine ganz besondere Form des Erzählens. Elisabeth, die Ich-Erzählerin, schreibt an eine Person die Geschichte ihres Lebens. Erst spät wird sichtbar, dass Christina, ihre Großnichte, diese Zeilen erhält. „…als der erste große Krieg ausbrach, war ich ein Mädchen und eine alte Frau, als der zweite endete. In der Zwischenzeit kämpfte ich als Ärztin an anderen Fronten.�
Elisabeth Brugger hat ein Ziel vor Augen, das für sie in jener Zeit schier unerreichbar ist � wir befinden uns Anfang des 20. Jahrhunderts. Ärztin will sie sein, als Frau jedoch ist dieser Weg mehr als steinig. Ihr Bruder Eugen unterstützt sie in ihrem Vorhaben, dann auch Georg, den sie heiratet und mit dem sie zwei Söhne bekommt. Nach ihrem Medizinstudium arbeiten sie in ihrer gemeinsamen Praxis. Irgendwann dann kommt eine verzweifelte Frau zu ihr, die sie abweist. Sie will Leben erhalten und keines schon im Vorfeld töten. Eine Engelmacherin ist oftmals der letzte Ausweg aus dieser Hoffnungslosigkeit, leider überleben viele den Eingriff nicht. Kann sie, die Ärztin, davor die Augen verschließen?
Sie erzählt von ihrer Familie, von den Zwillingsbrüdern Carl und Eugen und von einem Geheimnis, das die beiden umgibt. Sie gibt Einblick in die Zeit des Nationalsozialismus und der damit einhergehenden Judenverfolgung, auch schreibt sie von ihrer Arbeit als Lazarettschwester während des Ersten Weltkrieges, von ihrer ersten Liebe und von denen, die später folgen. Es ist noch sehr viel mehr, das sie niederschreibt, dazwischen erinnert sie sich an das politische und gesellschaftliche Leben, an die Goldenen Zwanziger Jahre, die nicht für alle golden waren, erwähnt die Spanische Grippe, das Attentat in Sarajevo im Juni 1914 und dessen Folgen, kommt als Lazarettschwester nach Siebenbürgen, Fürst Vlad III. sei hier erwähnt, weiß vom Börsencrash und Firmenschließungen, von Hitler und der Entdeckung des Penecillins, tanzt Charlston und Shimmy, hört Jazz�
Ja, das hört sich jetzt ziemlich chaotisch und zeitlich komplett durcheinandergewirbelt an. Nicht unbedingt in dieser Reihenfolge, aber genau diese Erzählweise prägt das Buch. Dieser Mix ist durchaus beabsichtigt, was jedoch das Lesen ziemlich erschwert. Eben noch erwähnt sie den Zweiten Weltkrieg und die jüdische Familie, die versteckt wird, dann ist sie im Alter, um im nächsten Augenblick im Jahre 1916 zu landen. Diese Brüche sind es, die sich anfühlen, als ob man ins eiskalte Wasser geschmissen wird, um ernüchtert wieder aufzutauchen. Die jeweiligen Passagen sind allesamt gut erzählt, sie ziehen ihre Leser ganz tief hinein, die Autorin versteht es, zu fesseln. Diese Sprünge jedoch haben mich immer wieder innehalten lassen, sie haben meinen Lesefluss schon gestört. Und doch ist es ein Buch, das das Zeitgeschehen gut eingefangen hat, das durchaus lesenswert ist.
Auf dieses Buch war ich sehr gespannt, denn der Klappentext hat sich wirklich interessant angehört und hat nach sehr viel Medizingeschichte geklungen... Lazarett, Studium der Medizin und dann noch die Arbeit mit Schwangeren sind sehr spannende Themen, über die ich immer wieder gerne lese.
Das Buch dreht sich um Elisabeth, die das jüngste der vier Brugger-Kinder ist. Im Ersten Weltkrieg arbeitet sie als Lazarettschwester, nach dem Krieg studiert sie Medizin. Sie heiratet den Sohn einer alteingesessenen Wiener Ärztefamilie, der versehrt von der Südfront zurückgekehrt ist. Die beiden führen gemeinsam eine Praxis. Elisabeth kann die Augen nicht verschließen vor dem Elend der Frauen, die in ihrer Verzweiflung eine Engelmacherin aufsuchen. Sie muss sich die Frage stellen, wie weit sie bereit ist zu gehen � Eine besonders enge Beziehung hat sie zu ihrem Bruder Eugen, sie ist die Einzige, die von seiner Affäre mit der Frau seines Zwillingsbruders Carl weiß. Als Eugen eine Familie vor der SS versteckt, wird er selbst zum Gesuchten. War es Carl, der ihn verraten hat?
Ich fand die Geschichte nicht ganz einfach zu lesen und sie wurde ungewöhnlich erzählt, die betagte Elisabeth schreibt ihr Leben in Briefform nieder und deshalb wird auch immer wieder zwischen den Zeiten und auch Personen gesprungen. Ich lese tatsächlich lieber Bücher ohne solche Sprünge und mit einem klareren zeitlichen Ablauf, hier muss man schon sehr aufmerksam lesen und es ist keine Lektüre die man mal abends vor dem schlafen gehen lesen kann. Einerseits ist der Schreibstil daher fordernder zu lesen, aber andererseits mag ich Bücher die ungewöhnlich erzählt werden auch gerne, die sie machen die Geschichte auch immer wieder zu etwas Besonderem.
Die Handlung dagegen war wirklich sehr spannend und die Zeit des 20 Jahrhunderts wurde sehr gut und lebendig eingefangen. Gerade wie schwer es für (schwangere) Frauen oder auch allgemein für Frauen war die mehr wollten, als nur dem Ehemann den Rücken freizuhalten. Ich fand diesen medizinischen Hintergrund der sich über diese Geschichte zieht wirklich interessant und so habe ich das Buch auch sehr gerne gelesen und habe die paar Zeitsprünge auch gerne in Kauf genommen.
Fazit: Ein ungewöhnlicher und nicht ganz einfach zu lesender Schreibstil, aber dafür eine sehr spannende und interessante historische Geschichte. Sehr zu empfehlen.
Warum ist es nachts hell? - Die Ich-Erzählerin Elisabeth Brugger sitzt nachts auf der Terrasse. Die verschneiten Felder sind hell vom Schnee. Sie sitzt dort oft: 1918, 1920, 1941 � Sie denkt über ihre komplizierten Familienverhältnisse, ihr Leben, die Zukunft nach. Judith Taschler erzählt in ihrem historischen Roman von einer Frau, die zwei Kriege erlebt und viele liebe Menschen verloren hat.
Eine Frau, die annimmt, nach dem 65. Lebensjahr werde nichts Lebensveränderndes mehr passieren, legt gegenüber ihrer Großnichte Rechenschaft über ihr Leben ab. Erst einmal in Kurzfassung, dann in prägenden Stationen. Unterhaltsam und informativ. Manchmal spannend. Zuweilen recht verwirrend, da assoziativ verschränkt und scheinbar ungeordnet durch die Zeitläufte streifend.
Sie will Ärztin werden und muss sich gegen Widerstände in der Familie und der Universität durchsetzen. Zunächst wird sie Lazarettschwester, später kann sie in Wien Medizin studieren. Sie heiratet den versehrten Freund ihres gefallenen Bruders, bekommt zwei Kinder, führt mit ihrem Mann eine Ordination. Im Zweiten Weltkrieg arbeitet sie als Ärztin im Lazarett, nach dem Krieg wieder in ihrer Praxis, allein. Auch als Pensionistin setzt sie sich für Frauen und ihre Rechte ein. Leider sind die Erlebnisse, an die sie sich erinnert, sehr ungeordnet: die Ermordung der Kaiserin, der Abschied ihres Bruders in die Emigration nach Amerika, die Not der schwangeren Frauen, denen sie nicht helfen darf, der Gefängnisaufenthalt, als sie es dann doch einmal tut. Es geht dabei immer wieder um persönliche Verantwortung, der sie sich stellt.
Die Ich-Erzählerin fasst ihre Erlebnisse in eine sehr nüchterne Sprache. Die Autorin lässt sie betonen, sie möge keine Romane. Die Wahrheit, die Wissenschaft sei ihr wichtig. Unglücklicherweise wirkt sich diese Haltung auf den Erzählfluss aus. Nicht alle Episoden des sehr ereignisreichen Lebens werden packend dargestellt, manchmal werden gesellschaftliche Entwicklungen auch einfach aufgezählt. Trotzdem habe ich das Buch gern gelesen. Weniger als stimmigen Roman, mehr als zeitweise mitreißenden Erlebnisbericht über ein reiches Leben.
"Nur nachts ist es hell" von Judith W. Taschler geht der Roman "Über Carl reden wir morgen" voraus, was mir nicht bewusst war. Es lässt sich zwar auch als ein eigenständiges Buch lesen, doch ich kann mir vorstellen, dass es in mancherlei Hinsicht von Vorteil ist, wenn man auch die Geschichte Carls kennt, der der große Bruder der Ich-Erzählerin ist.
"Nur nachts ist es hell" ist im Prinzip ein etwas über 300-seitiger Brief von Elisabeth Tichy an ihre Großnichte Christina Brugger, in dem sie ihre Lebensgeschichte erzählt. Anhand ihres Lebens gibt die Ich-Erzählerin außerdem einen Abriss der Geschehnisse der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts wieder: Vom Attentat in Sarajevo und dem Ersten Weltkrieg, über die verschiedenen Erfindungen und sonstigen Errungenschaften während der Zwanziger Jahre, bis hin zum Zweiten Weltkrieg und der Nachkriegszeit. Besonders im Fokus steht dabei die Geschichte der Gynäkologie und die (moralische) Frage des Schwangerschaftsabbruchs.
Leider waren die Schilderungen, die an sich sehr informativ waren, in meinen Augen nicht in der Erzählung eingebettet, sondern kamen immer etwas überraschend daher.
Die Tatsache, dass es sich um eine Art Brief handelt, führt dazu, dass sich das Buch, trotz einiger Dialoge, wie ein sehr langer Monolog liest, was dazu führt, dass weder die Protagonistin selbst noch die anderen Figuren so recht an Tiefe gewinnen.
Schade fand ich außerdem, dass sie in Bezug auf ihre (verlorene) Jungfräulichkeit von einem "fehlendem Hymen" redet, das ihr "im Krieg abhanden gekommen war". Dadurch wird der Mythos des Jungfernhäutchens, das beim ersten Geschlechtsverkehr reist (und blutet) und somit der (sexuellen) Unterdrückung der Frau dient, nicht aufgeklärt, sondern auch noch bestärkt.
Ich bin mir sicher, dass anderen das Buch gefällt. Da es, bis auf die Hymen-Szene, auch sehr gut recherchiert zu sein scheint, denke ich, dass es ein gelungener historischer Roman ist. Ich selbst habe mich allerdings schwer getan, ihn zu Ende zu lesen.
Die Geschichte ist im Wesentlichen eine Autobiographie der Protagonistin Elisabeths Brugger / Tichy. Man begleitet sie auf ihrem Leben, in ihrer Kindheit, als Lazarettkrankenschwester, im Studium, als Ehefrau und als Mutter.
Den Schreibstil des Romans finde ich sehr angenehm. Ich habe das Buch an einem Abend durchgelesen. Die Figuren, insbesondere Elisabeth, haben auf mich sehr authentisch gewirkt. Was mich ein wenig irritiert hat, war das Missverhältnis zwischen Klappentext und tatsächlicher Geschichte. Anhand des Klappentextes hätte ich eine Geschichte erwartet, in der vor allem die Beziehung von Elisabeths Bruder zu seiner Schwägerin und daraus resultierende Spannungen und die von ihm versteckte jüdische Familie während der Nazi-Regenschaft steht. Das war hier klar nicht der Fall. Es handelt sich fast ausschließlich um die Biographie der Protagonistin, die jüdische Familie wird erst auf ca. Seite 270 von 316 erwähnt und dann auch nur für ein paar Seiten. Ich habe hier die Spannung vermisst, die ich mir durch die Geheimhaltung / den möglichen Verrat des Bruder Carl erhofft habe. So war schnell wieder die Luft draußen. Aufgrund des Klappentextes bin ich da wohl mit einer anderen Erwartung herangegangen, er hat mir eine falsche Vorstellung von der Geschichte verschafft.
Ansonsten habe ich den Roman aber gerne gelesen, insbesondere die Ausführungen über die Herausforderungen für die damaligen Frauen, den Arztberuf auszuüben. Auch die erwähnten Problematiken mit Abtreibungen und Frauenrechten waren sehr interessant zu lesen und sehr glaubhaft dargestellt. Insgesamt eine schöne gelungene Geschichte, die ich weiterempfehlen kann, aber die am Ende ganz anders war als erwartet.
Inhalt und meine Meinung: Die „Erzählern� Elisabeth� erzählt in der Ich-Form und spricht den Leser direkt an Ich dachte das soll wohl eine Nähe erzeugen. Bei mir kommt das aber eher etwas anbiedern (überheblich) an. Erst später im Buch habe ich begriffen, sie spricht ja nicht mich als Leser an sondern eine ihrer Nachkommen für die sie wohl diese Aufzeichnungen schreibt. Die Erzählweise ist dann leider auch sehr konfus und verwirrend. Es entwickelt sich kein Roman, sondern es sind lose Erinnerungen von Elisabeth die sich kreuz und quer durch ihr Leben ziehen. Deshalb sind mir auch viele Zusammenhänge nicht klar geworden: wer mit wem, hat der oder die da noch gelebt, kannten die sich da schon, etc. Es ergibt sich für mich kein flüssiger Lesefluss.
Ich weiß nicht ob es anders (besser, einfacher) gewesen währe wenn ich das erste Buch der Autorin, auch zu dieser Familie, gelesen hätte.
Ach ja, und war der Titel aussagen soll blieb mir auch unklar.
Autorin: Judith W. Taschler, geboren 1970 in Linz, wuchs mit sechs Geschwistern, vielen Tieren und Büchern in einem großen, gelben Haus im Mühlviertel auf. Sie lebt heute in Innsbruck.
Mein Fazit: Mir war alles viel zu durcheinander, weshalb ich die Zusammenhänge teilweise nicht begriffen habe. Deshalb von mir auch nur 2 Sterne.
Österreichische Geschichte Erst vor 6 Wochen habe ich den Vorgänger "Über Carl reden wir später" gelesen. Da passte der zweite Band sehr gut dazu. Es ist die Fortführung der Familiengeschichte der Familie Brugger. Aus Sicht der jüngeren Schwester von Carl und Eugen. Sie beschriebt die vorhergehenden Ereignisse etwas anders, eben aus ihrer Sicht. Außerdem erzählt sie von ihren Erlebnissen in den Weltkriegen und vor allem als Ärztin. Auch ihre Ehe mit dem versehrten Georg wird beschrieben. Der feministische Gesichtspunkt steht für mich am größten heraus. Es war nicht selbstverständlich, dass sie überhaupt studieren durfte, und dann auch noch Medizin. Da mussten sich die paar Frauen, die dabei waren schon ganz schön durchbeißen. Sehr interessant fand ich auch alle Episoden rund um Abtreibung und die Gesetze dazu. Den Roman kann man als eine Art Geschichtsbuch begreifen, auch hier die Sicht etwas differenziert, denn es ist eine österreichische Perspektive. Mir war gar nicht bewusst, dass Österreich erst 1955 wieder ein selbständiger Staat wurde. Doch der erste Teil gefiel mir trotzdem besser, er war stringenter durcherzählt. Hier springt Elisabeth von einer Zeit in die andere, von einem Ereignis zu einem weit davorliegenden. Als roter Faden wird aufgenommen, dass sie alles ihrer Großnichte erzählt, was das "herumspringen" etwas erklärt, verwirrt hat es ich trotzdem manchmal. Doch ein lesenswertes Buch.
"Nur nachts ist es hell" erzählt die Lebensgeschichte von Elisabeth, die ihrer Großnichte in einem Brief von ihren Erfahrungen und Erinnerungen berichtet. Der Roman bewegt sich in Zeitsprüngen, was Konzentration erfordert. Elisabeth beginnt direkt mit einer knappen Zusammenfassung ihrer Biografie. Danach geht sie stärker ins Detail, Themen wie die beiden Weltkriege, die Herausforderungen als Frau in der damaligen Zeit Ärztin zu werden, und illegale Abtreibungen werden geschildert. Weniger wäre hier vielleicht mehr gewesen. Ich habe erst während des Lesens bemerkt, dass es einen Vorgängerband gibt, dies war aber meiner Meinung nach für das Verständnis nicht notwendig. Die Ereignisse sind gut recherchiert und die Darstellung von Familienschicksalen und gesellschaftlichen Herausforderungen ist durchaus interessant. Allerdings hätte ich mir eher eine Erzählweise in Handlungs- statt in Briefform gewünscht. Dadurch ging etwas emotionale Tiefe verloren, die mich mehr hätte berühren können. Der Stil ist sachlich und unaufgeregt, was den Text zwar flüssig und gut lesbar macht, aber gleichzeitig eine gewisse Distanz schafft. Trotz dessen ist es ein lesenswertes Buch, das mich jedoch aufgrund der gewählten Erzählform nicht vollständig fesseln konnte.
Anspruchsvoll Judith W. Taschler ist eine angesehene österreichischen Autorin . In ihrem historischen Roman „Nur nachts ist es hell� geht es um die Thematik der Selbstbestimmung der Frau in einer Zeit, in der das nicht selbstverständlich war. Die Normalität war die Frau als Gattin und Mutter. Das verschwommene Cover gefällt mir sehr gut Es passt zum Inhalt, denn für den Leser bleibt Manches verschwommen , Manches muss er sich beim Lesen selbst „erarbeiten�. Das ist keine Sommerlektüre , die man einfach so weg liest. Oft habe ich inne gehalten , um mir die Aussagen zu durchdenken, denn die Schreibweise der Autorin ist sehr dicht. Für mich ist das kein Manko , denn ich liebe anspruchsvolle Literatur. Im Jahr 1972 beginnt die Protagonistin Elisabeth Brugger , das jüngste der Bruggerkinder, ihr Leben für ihre Großnichte aufzuschreiben. Sie schreibt von ihrer behüteten Kindheit, der Arbeit als Lazarettschwester im Ersten Weltkrieg, ihrem Medizinstudium, ihrer Ehe , ihren Verluste bis schließlich zu ihrer Pensionierung. Das alles ergibt ein ungeschöntes , realistisches Bild ihres Lebens über eine n Zeitraum von einen Dreiviertel Jahrhundert. Dabei tauchen auch immer wieder Zeitzeugen auf und politische Ereignisse werde eingefügt. Das alles wird mit viel Tiefgang erzählt und schließt eindrucksvoll an den Vorgängerroman "Über Carl reden wir morgen" an.
Erfordert Konzentration beim Lesen In einem nüchternen und sachlichen Ton erzählt Elisabeth in einem Brief an ihre Großnichte ihr Leben. Dabei berichtet sie auch über zwei erlebte Weltkriege und über die Schwierigkeit, Anfang des 19. Jahrhunderts Medizin zu studieren und Ärztin zu werden. Denn zu wissenschaftlichem Denken waren Frauen schließlich nicht befähigt. Jetzt, im vorgerückten Alter, kann sie mit Abstand und Verständnis auf die Vergangenheit sehen. Es könnte ein sehr interessantes und kurzweiliges Buch sein, wenn die Autorin die Zeiten nicht so wirr durcheinander hopsen lassen würde. Es gehörte schon sehr viel Konzentration dazu, alles auf die richtige Reihe zu bringen. Auch die Briefform wirkte auf mich befremdlich. Zumal mir lange nicht klar war, wen die Schreiberin mit ihrer Anrede meinte. Die Handlung ist sehr gut recherchiert, jedoch kam durch den konfusen Schreibstil keine richtige Spannung auf. Ebenso fehlte es mir dadurch an der nötigen Tiefe. Leider konnte mich dieses Buch, trotz des flüssigen Schreibstils, nicht fesseln. Mein Fazit: Sicher wird dieses Buch seine Liebhaber finden. Mich konnte es nicht ganz überzeugen. 3 Sterne.
Zum Inhalt: Elisabeth war im ersten Weltkrieg Lazarettschwester, und nach dem Krieg studierte sie dann Medizin. Sie heiratet in eine Wiener Ärztefamilie ein und führt gemeinsam mit ihrem Mann eine Praxis. Das Leid der Frauen, die zu Engelmacherinnen berührt sie sehr, doch wie weit ist sie bereit zu gehen? Alle dies und vieles mehr erzählt Elisabeth ihrer Nichte. Meine Meinung: Ich habe leider viel zu spät gesehen, dass es ein Buch vor diesem gab, dass auch schon von der Familie handelte und vermutlich hätte es die Lektüre dieses Buches einfacher gemacht, wenn man es zuerst gelesen hätte. Ich habe mich extrem schwer getan in die Geschichte reinzukommen und wenn ich ehrlich bin, bin ich es bis zum Schluss nicht wirklich. Irgendwie fand ich den Schreibstil auch anstrengend und ich konnte trotz des Stammbaums oft die Zusammenhänge nicht ohne weiteres herstellen. Nachdem ich mich so schwer getan habe ganz klare Empfehlung, zuerst den Vorgängerband zu lesen. Fazit: Erst den Vorgängerband lesen
Die Österreichische Schriftstellerin Judith W.Taschler hat mit Nur Nachts ist es hell ein sehr konzentriertes Buch geschrieben. 1973 erzählt eine Frau ihr Leben. Überwiegend spielt es in Wien. Elizabeth wächst in Mühlviertel auf, heiratet dann Georg, der im ersten Weltkrieg einen Arm verlor und wurde nachdem sie zunächst Krankenschwester war Ärztin. Nach fühlt sie sich ihren Bruder Eugen, der in die USA ausgewandert war, dann aber zurückkehrte. Elizabeths Erzählung springt gelegentlich. Es gibt jedenfalls viele Fakten und Details, die man als Leser erst einmal verarbeiten muss. Ehrlich gesagt, halte ich das Buch für überfrachtet. Doch man ist durch Taschlers Erzählart auch so tief in die Handlung reingezogen, dass sich allmählich ein Gesamtbild ergibt. Da Elizabeth alleinige Erzählerin ist, bleibt man nah an ihr dran. Einzige Ausnahme sind die geschickt von der Autorin eingebundenen Briefe von Eugen, in der er seine Zeit in Boston berichtet.
Judith Taschler ist eine großartige Geschichtenerzählerin !!!! An das Vorgängerbuch � Über Carl reden wir morgen� kommt dieses Buch zwar nicht ganz heran. Besonders gut gefällt mir, wie persönliche Geschichten historisch eingebettet sind und so ganz viel Information über das vergangene Jahrhundert und das Leben in dieser Zeit vermittelt wird. Insbesondere die Passagen über Abtreibung und Engelmacherinnen, sowie über die Schikanen, die weibliche Studierende erleben mussten, haben mich beeindruckt.
Vielen herzlichen Dank an NetGalley und den Hanser Verlag für die Möglichkeit, dieses Buch lesen zu dürfen.
An sich hat es mir gefallen und ich konnte es kaum aus der Hand legen. Etwas an Judith W. Taschlers Stil zwingt einen, immer weiterlesen zu wollen. Es fühlte sich wie eine Geschichtsstunde an, nur spannender. Ich konnte aus dem Buch sehr viel mitnehmen und lernen. Man merkt die Liebe zum Detail und dass viel recherchiert wurde.
Leider wird, meiner Meinung nach, wenig aufgeklärt und aufgelöst. Zudem muss man sich wirklich sehr konzentrieren, um die Zusammenhänge zu verstehen und ich musste oft zurückblättern, weil ich leicht den Faden verloren habe. In der Beschreibung heisst es: "Als Eugen eine Familie vor der SS versteckt, wird er selbst zum Gesuchten. War es Carl, der ihn verraten hat?". Vielleicht habe ich etwas verpasst, aber diesen Teil habe ich gar nicht mitbekommen oder verstanden. (Spoiler: War es nicht schlussendlich Carl, der sich geopfert hat?)
Zudem gab es einige Wiederholungen. Ich hatte das Gefühl, einige Sätze zum zweiten oder dritten Mal genau so zu lesen. Die vielen Zeitsprünge machen es einem auch nicht einfacher, sich zu orientieren. Genauso wie die vielen Namen.
Insgesamt lässt sich sagen, dass man aus dem Buch viel lernen und es wirklich geniessen kann. Man muss sich aber sehr anstrengen, es ist keine einfache Strandlektüre. Hätte die Autorin aber nicht all diese Fakten und Anekdoten erzählt, wäre es ein sehr langweiliges Buch. Die Geschichte der Charaktere an sich kann das Buch nicht tragen.
Der Schluss war ebenfalls enttäuschend. Ich hätte mir sehr gewünscht, dass es eine Art Auflösung gibt oder etwas ähnliches. Stattdessen befinden wir uns wieder in der Mitte der Geschichte.
Die Geschichte eines bewegten Lebens Das Cover zeigt ein Paar von hinten unter einem Regenschirm in nasskalter, nächtlicher Straßenszene. Diese wirkt gut beleuchtet, wie der Buchtitel � eher eine Metapher - suggeriert. Der Stammbaum im Anhang stellt klar, wem die weibliche Hauptfigur ihre Lebensgeschichte beschreibt, eingebettet in geschichtlich wichtige Ereignisse ihrer Zeit. Leider sind ihre Rückblicke nicht chronologisch sortiert. Elisabeth Tichy, geb. Brugger, Ärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe in Wien, erzählt ihrer Enkelin Christina Brugger nicht nur ausgiebig über ihre lebenslangen Geschwisterbeziehungen nicht nur in der dörflichen Hofmühle und über die einschneidenden Vorkommnisse zwischen zwei Weltkriegen mit ihr als Lazarett- bzw. Krankenschwester. Ihr Rückblick beginnt 1973, beschreibt eine Protestkundgebung in Sachen Legalisierung des Schwangerschaftsabbruches in Österreich. Nicht nur dieses Thema, sondern die Gleichstellung der Frau überhaupt wie z.B. das Wahlrecht, Zulassung zum Medizinstudium etc. beschäftigt sie sehr. Weiterhin gibt es politische und medizin-historische Abschweifungen nicht nur Österreich betreffend, auch über rechtliche Fragen zu Schwangerschaftsabbruch und Abtreibungsmethoden. Auch menschliche Grundsatzfragen werden angesprochen: Hat jeder die Verantwortung, etwas beizutragen, um Missstände in der Welt zu beseitigen? Oder sollte der Mensch nur auf sich selbst und auf seine unmittelbar Nächsten gut achten? Denn genauer betrachtet, wenn das jeder Einzelne verantwortungsvoll täte, gäbe es ja schon weniger Elend. Aber genug ist es vermutlich nicht. Wie weit erstreckt sich Verantwortung? Und was macht einen Menschen zu dem, was er ist? Was prägt ihn? Der Kopf und das Temperament. Nicht nur durch den Tod ihres Ehemanns Georg erscheinen Elisabeth die Tage kurz, dunkel und trostlos. Nur nachts war es hell, und in diesen hellen Nächten sickerte allmählich ins Gedächtnis, dass der Krieg vorbei war. Durch die ungeordneten Retrospektiven wirkt der Roman nicht wie eine abgerundete, harmonische Einheit, auch wenn einzelne Sequenzen sehr informativ sind. Alles wirkt eher wie ein Tagebuch, gefüllt mit unsortierten Erinnerungsfetzen aus einer sehr bewegten Zeit mit interessanten Charakteren.
Nach dem für mich recht enttäuschenden "Über Carl reden wir morgen" gefiel mir dieses Buch wieder besser. Taschler kann einfach unheimlich gut erzählen und Stimmungen erzeugen. Leider fehlen mir aber auch hier so tiefgehende emotionale Passagen bzw. Wendungen, die mir in Das Geburtstagsfest oder Roman ohne U so gut gefallen haben. Ein bisschen zu klischeehaft, und die romantischen Beziehungen merkwürdig flach.