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Gier. Ein Unterhaltungsroman
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Was war denn das, was ich hier las?
Immerhin das Buch einer Nobelpreisträgerin, das ich in Originalsprache lesen konnte! Eine Übersetzung ist mir schwer vorstelbar. Das Buch lebt von der Sprache, die besonders außergewöhnlich ist. Ich kann mich an nichts vergleichbares erinnern. Die meiste Zeit wird der Leser von der Autorin direkt angesprochen, mitunter werden Leser und Autorin zu einem "wir" oder "man", nur in zwei kurzen Passagen sind Figuren des Buchs die Ich-Erzähler. Die erzählende Autorin hat ein extremes Mitteilungsbedürfnis, wir können jedem Gedankengang folgen. Sie nutzt dabei vor allem die Doppeldeutigkeit von Worten oder Redewendungen. Das führt zu einem ganz besonderen Wortwitz, den ich auf den ersten 30 Seiten absolut genial fand, der mir aber nach weiteren 30 Seiten auf die Nerven ging. Danach wechselte es zwischen diesen beiden Extremen. Innerhalb eines Satzes wechselte der Gedanke oft komplett seine Richtung, sie kam vom Hölzchen aufs Stöckchen und schrieb dann selbst, dass sie dies gar nicht sagen wollte.
Die Handlung des Buches war klischeebeladen, zog sich ewig hin und schien mir nur als Rahmen für den Wortwitz zu dienen, aber auch für allerlei sarkastische Bemerkungen über Österreich und Politik. Teilweise handelten die Personen völlig unlogisch. Warum ließ sich der Besitz liebende und Frauen verachtende Protagonist mit einem besitzlosen jungen Mädchen ein? Was sollte der halbe Kriminalfall in dem Buch? Ich fürchte, ich habe es nicht verstanden. Es gab reichlich detaillert und vulgär geschilderte Sexszenen, denen eine furchbares Frauenbild zugrunde lag. Hier bemerkte ich den Sarkasmus hinter der klischeehaften Beziehung, aber es machte die ganze Handlung noch absurder.
Dagegen fand ich die vielen Beschreibungen des Wassers in allen Facetten, aber auch der Berge streckenweise sehr gelungen, wenn auch viel zu ausführlich. Ich fand, dass es 200 Seiten weniger auch getan hätten. Es hätten nur die Wiederholungen weggelassen werden müssen sowie einige mir unnütz erscheinende Abschweifungen.
Hier mal ein kleiner Einblick in das Wasserthema und den Schreibstil: "Sonst kommt man früher oder später in den Sumpf, den aber auch das Wasser geschaffen hat, als es nichts Sinnvolles zu tun hatte. Jetzt leben dort so flinke, angenehme Tiere auf diesem baumlosen Gelände, angenehm!, weil sie so klein sind und man sie meist nicht sehen muss, allein die Pflanzen, Süßgraser, Schilf, Seggen (was ist denn das? Bitte schreiben Sie mir unverzüglich, falls Sie es wissen!), Binsen und Rohrkolben zum Abnagen, ich sage Ihnen: ein Paradies!"
Und noch ein Zitat zur Doppeldeutigkeit: "Die Zeit geht jetzt auch vorbei, schon wieder, na sowas, wir hätten sie auch diesmal fast nicht erkannt. so wie die heute ausschaut."
Teilweise habe ich diesen Stil genossen und bin froh, mal ein Buch der Autorin gelesen zu haben, aber ein zweites Mal werde ich es vermutlich nicht ausprobieren.
Immerhin das Buch einer Nobelpreisträgerin, das ich in Originalsprache lesen konnte! Eine Übersetzung ist mir schwer vorstelbar. Das Buch lebt von der Sprache, die besonders außergewöhnlich ist. Ich kann mich an nichts vergleichbares erinnern. Die meiste Zeit wird der Leser von der Autorin direkt angesprochen, mitunter werden Leser und Autorin zu einem "wir" oder "man", nur in zwei kurzen Passagen sind Figuren des Buchs die Ich-Erzähler. Die erzählende Autorin hat ein extremes Mitteilungsbedürfnis, wir können jedem Gedankengang folgen. Sie nutzt dabei vor allem die Doppeldeutigkeit von Worten oder Redewendungen. Das führt zu einem ganz besonderen Wortwitz, den ich auf den ersten 30 Seiten absolut genial fand, der mir aber nach weiteren 30 Seiten auf die Nerven ging. Danach wechselte es zwischen diesen beiden Extremen. Innerhalb eines Satzes wechselte der Gedanke oft komplett seine Richtung, sie kam vom Hölzchen aufs Stöckchen und schrieb dann selbst, dass sie dies gar nicht sagen wollte.
Die Handlung des Buches war klischeebeladen, zog sich ewig hin und schien mir nur als Rahmen für den Wortwitz zu dienen, aber auch für allerlei sarkastische Bemerkungen über Österreich und Politik. Teilweise handelten die Personen völlig unlogisch. Warum ließ sich der Besitz liebende und Frauen verachtende Protagonist mit einem besitzlosen jungen Mädchen ein? Was sollte der halbe Kriminalfall in dem Buch? Ich fürchte, ich habe es nicht verstanden. Es gab reichlich detaillert und vulgär geschilderte Sexszenen, denen eine furchbares Frauenbild zugrunde lag. Hier bemerkte ich den Sarkasmus hinter der klischeehaften Beziehung, aber es machte die ganze Handlung noch absurder.
Dagegen fand ich die vielen Beschreibungen des Wassers in allen Facetten, aber auch der Berge streckenweise sehr gelungen, wenn auch viel zu ausführlich. Ich fand, dass es 200 Seiten weniger auch getan hätten. Es hätten nur die Wiederholungen weggelassen werden müssen sowie einige mir unnütz erscheinende Abschweifungen.
Hier mal ein kleiner Einblick in das Wasserthema und den Schreibstil: "Sonst kommt man früher oder später in den Sumpf, den aber auch das Wasser geschaffen hat, als es nichts Sinnvolles zu tun hatte. Jetzt leben dort so flinke, angenehme Tiere auf diesem baumlosen Gelände, angenehm!, weil sie so klein sind und man sie meist nicht sehen muss, allein die Pflanzen, Süßgraser, Schilf, Seggen (was ist denn das? Bitte schreiben Sie mir unverzüglich, falls Sie es wissen!), Binsen und Rohrkolben zum Abnagen, ich sage Ihnen: ein Paradies!"
Und noch ein Zitat zur Doppeldeutigkeit: "Die Zeit geht jetzt auch vorbei, schon wieder, na sowas, wir hätten sie auch diesmal fast nicht erkannt. so wie die heute ausschaut."
Teilweise habe ich diesen Stil genossen und bin froh, mal ein Buch der Autorin gelesen zu haben, aber ein zweites Mal werde ich es vermutlich nicht ausprobieren.
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Reading Progress
March 26, 2019
– Shelved
March 26, 2019
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to-read
May 6, 2019
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Started Reading
May 6, 2019
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6.72%
"Der Stil ist eigen und bedarf einer Einlesezeit, aber die feine Ironie ist ganz besonders: "Die Frau zieht es (selbstgezogenes Gemüse) sich direkt aus dem Herzen, in dem keiner mehr wohnt, denn der Mann ist vor Jahren dort schon ausgezogen." oder "Der Sohn ist jetzt schon eifrig am Raffen wie der Vater, und ginge über Leichen, wenn die Leute nicht vorher freiwillig sterben würden, manchmal allerdings recht spät.""
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31
May 19, 2019
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Finished Reading