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Natalie's Reviews > Der Horla

Der Horla by Guy de Maupassant
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it was amazing
bookshelves: french-language-classics, favorites, fantastic-literature, literature-and-psychology

The English version can be found below.

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German version:

Kurze Zusammenfassung des Klappentextes: Es handelt sich um eine gruselige Kurzgeschichte, in der ein Wesen eines nachts erscheint, sich auf die Burst des Protagonisten setzt und ihn manipuliert.

Diese Schmuckausgabe ist zudem mit bezaubernd Illustrationen von Anna und Elena Balbusso geschmückt, die das Seelenleben des Protagonisten präzise widerspiegeln. ❤️

"Ohne Unterlass habe ich das grausige Gefühl einer drohenden Gefahr, die Vorahnung künftigen Unheils oder nahenden Todes, ein Vorgefühl, das zweifellos erstes Anzeichen eines mir noch unbekannten Übels ist; es keimt in meinem Blut und meinem Fleisch."

Das Ganze liest sich wie ein Tagebuch eines zutiefst verstörten, psychisch kranken Menschen, wobei die Geschichte zunehmend unheimlicher und düsterer wird. Die Erzählung lebt vom Gefühl des nicht Greifbaren und ist der Inbegriff der literarischen Phantastik., da die Grenze zwischen Wahn und Realität verwischt. Maupassants Technik dies darzustellen, bildet den Kern des Lesevergnügens. Sprachlich der Text ist wirklich wortgewandt, inhaltlich durchdacht formuliert und angenehm zu lesen.

Psychische Phänomene sind u.a. Unruhe, Schlafstörungen, Alpträume, Halluzinationen, Wahnsinn, depressive Episoden, Depersonalisation, Angstzustände, Verfolgungswahn, Somnambulismus. Ich würde das aus heutiger Sicht in Richtung Bipolare Störung oder paranoide Schizophrenie deuten, da von beidem Schlüsselsymptome dargestellt werden, also wenn man den Text als real betrachtet und nicht in Richtung tatsächlich übersinnlich.

Des Weiteren werden diese psychischen Symptome auf wirklich raffinierte Weise mit den Themenfeldern animalischer Magnetismus/Mesmerismus und dem Glaube an unsichtbare okkulte Kräfte verbunden. Das Fluidum des Mesmerismus nimmt dabei eine etwas deutlichere Gestalt an als bei Mesmer. 😅 Bin mir immer noch nicht sicher, ob Maupassant hierbei ein Fan von Mesmers Theorien ist oder sich über ihn lustig macht und eine parodistische Unternote mitschwingt. 🤔

Die Kombination aus Mesmerismus und einem Arsenal an sämtlichen pathologischen Auffälligkeiten der Psyche macht das ganze zu einem einzigartigen psychologischen Horror! 🖤🖤🖤

Die Handlung selbst ist wirklich spannend und die Ortswechsel, Gespräche mit anderen Figuren sowie die ausgeklügelten Ermittlungsversuche der Hauptperson selbst geben dem Ganzen zusätzlich ein unheimliches Gefühl, da dabei Objektivität suggeriert wird, wodurch der Zustand des Protagonisten noch ominöser erscheint, da es keine Erklärung gibt, aber definitiv etwas passiert sein muss.

Auch wenn der Inhalt im Grunde traurig ist, fühlt man das erst, wenn man das Buch bereits einige Zeit weggelegt hat und ins Nachdenken kommt. Während des Lesens erscheint einem die Erzählung eher gruslig und phantastisch.

Das Ende ist durch die wirren Gedanken, dem Tunnelblick und der psychischen Überlastungen geschuldeten Vergesslichkeit auch eher fesselnd als traurig.

Das kurze Nachwort von Ernest Sander ist im Hinblick auf Guy de Maupassants Leben und wirken insgesamt ganz interessant, v.a. das langwierige Leiden an Syphilis, das ja mit einem starken psychischen Verfall einhergeht. Dadurch bekommt der Text auch eine neue Bedeutung.

Gesamt: 5,0🌟

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English version:

Brief summary of the blurb: This is a creepy short story in which a creature appears one night, sits on the protagonist's burst and manipulates him.

This decorative edition is also adorned with enchanting illustrations by Anna and Elena Balbusso, which accurately reflect the protagonist's inner life. ❤️

"Without ceasing I have the horrible feeling of impending danger, the premonition of future doom or approaching death, a premonition that is undoubtedly the first sign of an evil as yet unknown to me; it germinates in my blood and my flesh." (translated by myself)

The whole thing reads like the diary of a deeply disturbed, mentally ill person, with the story becoming increasingly sinister and dark. The narrative feeds on the feeling of the intangible and is the epitome of literary fantastic, as the boundary between delusion and reality becomes fluid. Maupassant's technique of depicting this forms the core of the reading experience. Linguistically, the text is really eloquent, thoughtfully formulated and pleasant to read.

Psychological phenomena include restlessness, sleep disorders, nightmares, hallucinations, madness, depressive episodes, depersonalization, anxiety, paranoia and somnambulism. From today's perspective, I would interpret this in the direction of bipolar disorder or paranoid schizophrenia, as key symptoms of both are depicted, i.e. if you consider the text to be real and not actually supernatural.
Furthermore, these psychic symptoms are linked in a really sophisticated way with the themes of animal magnetism/mesmerism and the belief in invisible occult forces. The Fluidum of mesmerism takes on a somewhat clearer form than that of Mesmer. 😅 I'm still not sure whether Maupassant is a supporter of Mesmer's theories or whether he's making fun of him and there's a parodistic undertone. 🤔

The combination of mesmerism and an arsenal of all the pathological abnormalities of the psyche makes this a unique psychological horror! 🖤🖤🖤

The plot itself is really exciting and the changes of location, conversations with other characters and the main character's own ingenious attempts at investigation give the whole thing an eerie feeling, as objectivity is suggested. This makes the protagonist's condition seem even more ominous, because there is no explanation, but something must definitely have happened.

Even though the content is basically sad, you only feel it when you have put the book down for a while and start to think about it. While reading, the story seems rather creepy and fantastic.

The ending is also more captivating than sad due to the confused thoughts, tunnel vision and forgetfulness caused by mental overload.

The short afterword by Ernest Sander is quite interesting with regard to Guy de Maupassant's life and work as a whole, especially the long-term suffering from syphilis, which goes hand in hand with a severe mental decline. This also gives the text a new meaning.

Total: 5.0🌟
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Reading Progress

March 5, 2024 – Shelved as: new-books-to-buy
March 5, 2024 – Shelved
March 5, 2024 – Shelved as: french-language-classics
March 5, 2024 – Shelved as: bought-next
March 28, 2024 – Started Reading
March 29, 2024 –
page 8
10.0% ""Ohne Unterlass habe ich das grausige Gefühl einer drohenden Gefahr, die Vorahnung künftigen Unheils oder nahenden Todes, ein Vorgefühl, das zweifellos erstes Anzeichen eines mir noch unbekannten Übels ist; es keimt in meinem Blut und meinem Fleisch."

Mir gefällt die Sprache schon von Anfang an gut! <3 Bin gespannt wie es inhaltlich weiter geht!:)
Die Illustrationen sind zudem wirklich bezaubernd! <3"
March 29, 2024 –
page 30
37.5% "Brilliant! Die Handlung ist wirklich spannend und die Ortswechsel, Gespräche mit anderen Figuren sowie die ausgeklügelten Ermittlungsversuche der Hauptperson selbst geben dem Ganzen zusätzlich ein unheimliches Gefühl, da dabei Objektivität suggeriert wird, wodurch der Zustand des Protagonisten noch ominöser erscheint, da es keine Erklärung gibt, aber definitiv etwas passiert sein muss."
March 29, 2024 –
page 51
63.75% "Der Mesmerismus kommt ins Spiel und ein Arsenal an sämtlichen pathologischen Auffälligkeiten der Psyche. Psychologischer Horror vom feinsten! :D"
March 29, 2024 –
page 80
100.0% "🖤"
March 29, 2024 – Shelved as: favorites
March 29, 2024 – Finished Reading
April 22, 2024 – Shelved as: fantastic-literature
October 22, 2024 – Shelved as: literature-and-psychology

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