Wie ihr wisst, habe ich bereits die ersten beiden Bücher in Stephen Frys Trilogie mit seinen Versionen der griechischen Mythen begeistert gehört. Das Wie ihr wisst, habe ich bereits die ersten beiden Bücher in Stephen Frys Trilogie mit seinen Versionen der griechischen Mythen begeistert gehört. Das Erscheinen des dritten Teils, in der die Ilias nacherzählt wird, konnte ich kaum erwarten.
Stephen Fry schildert das Epos in aller Ausführlichkeit. Und das ist sehr viel ausführlicher, als ich die Geschichte bisher kannte. Obwohl ich die Geschichte schon in der Schule und aus anderen Quellen grob kannte, muss ich gestehen, dass sie in meinem Kopf schon sehr von dem Spielfilm „Troja� geprägt war, der so ein Guilty Pleasure von mir ist (die Musik, die Stimmung, Eric Bana als Hector�), auch wenn ich natürlich wusste, dass da vieles fehlt und nicht der literarischen Vorlage entspricht. Und dass da einiges romantisiert wird, das nicht zu akzeptieren ist.
Vor allem die Vorgeschichte, die in dem Film gänzlich fehlt, war mir bisher nur in Teilen aus der BBC-Serienverfilmung bekannt (die ich ansonsten ganz ok fand). Die berühmte Apfelszene kannte ich natürlich schon vorher. Was glaube ich auch viele nicht wissen, ist, dass die Ilias eigentlich mit Hektors Beisetzung endet. Stephen Fry geht jedoch erwartungsgemäß darüber hinaus bis zum Fall Trojas. Was für mich neu war, war Helens Beziehung zu Paris gegen Ende des Krieges, da muss ich noch recherchieren, ob das in der Vorlage auch so ist. (Angesichts von Frys allgemeiner Treue zum Original denke ich ja.)
Gelegentlich erklärt Fry auch bestimmte Aspekte oder weist etwa darauf hin, dass ein Kapitel nach gängiger Lehrmeinung nicht von Homer stammt. Die Zahl dieser Kommentare ist jedoch nicht übermaßig und ich habe sie als sehr hilfreich empfunden.
Was den Stil angeht, bleibt Stephen Fry seiner humorvollen Erzählweise treu, hält sich jedoch mehr zurück mit dem Humor als bei „Mythos� und „Heroes�, wohl geschuldet der Tragik der Ereignisse. In gewisser Weise komisch wirkten auf mich die Warnungen und Klagen von Kassandra, die ja die Zukunft sieht, nur dass ihr niemand glaubt. Eigentlich ist das natürlich ein besonders tragisches Element.
Zusammenfassend muss ich feststellen: Was ist das für eine tolle Geschichte! (Wenn man mal von etwas unrealistischen Elementen absieht, wie dass schon bis zur Einschiffung der Griechen 10 Jahre vergehen.)
Ich habe das Hörbuch sehr genossen. Dass Stephen Fry ein begnadeter Hörbuchsprecher ist (ich weiß, ich wiederhole mich da), hat natürlich auch geholfen.
Ich fühle mich jetzt gut genug gewappnet, um mich auch einmal an Homers Original zu versuchen :-)...more
Circe ist in der griechischen Mythologie eine Nymphe: Tochter des Sonnengottes Helios und der Nymphe Perse. Sie ist wenig geachtet in den Hallen ihresCirce ist in der griechischen Mythologie eine Nymphe: Tochter des Sonnengottes Helios und der Nymphe Perse. Sie ist wenig geachtet in den Hallen ihres Vaters, selbst ihre Geschwister halten sie für dumm und untalentiert. Ihre Schwäche für sterbliche Menschen verleitet sie zu einer Tat, die nicht nur ihre waren Kräfte offenbart, sondern auch dafür sorgt, dass ihr Vater sie verbannt, auf die Insel Aiaia, wo sie fortan mit Tieren zusammenlebt und ihre Zauberei schulen kann: Denn Circe ist eine Hexe.
Den meisten wird die Zauberin Circe, im Deutschen auch Kirke, aus der Odyssee bekannt sein: Die Geschichte, wie Odysseus auf ihrer Insel strandet und nach anfänglichen, ähm, Missverständnissen, ein Jahr lang ihre Gastfreundschaft in Anspruch nimmt. Tatsächlich gibt es aber wesentlich mehr Geschichten um Helios� Tochter und diese erzählt Madeline Miller in ihrem Buch nach.
Und das macht sie großartig. Die Sprache, derer sich Miller bedient, ist einfach wunderbar, ein Genuss, sie zu lesen bzw. zuzuhören. Allein hierdurch wird dieses Buch definitiv zu einem meiner Lieblingsbücher des Jahres werden, wenn nicht so gar überhaupt zu einem Lieblingsbuch. Madeline Miller schafft es darüber hinaus, ihrer Heldin echtes Leben einzuhauchen, Circe zeigt sich der Leserin von ihrer verwundbaren Seite, verbirgt nicht ihre Einsamkeit und ihre Niederlagen. So wird aus der vermeintlich bösen Hexe eine sympathische Protagonistin, deren Melancholie bei der Leserin ankommt. Auch der, ähm, Zwischenfall mit Odysseus� Männern erklärt sich im Kontext. Im Laufe ihres langen Lebens trifft Circe trotz ihrer Verbannung auf viele weitere Figuren aus der griechischen Mythologie, darunter Hermes, Athena, Dädalos, der Minotauros, ihre Nichte Medea und Odysseus natürlich. Auch, wenn uns vieles aus der Mythologie bereits bekannt ist, nehmen die Geschichten die Form eines spannenden Abenteuerromans an.
Anders als ihre göttliche Verwandschaft erkennt Circe schließlich, was das wahre Leben ausmacht, sie ergreift ihre Chance und ist den Göttern in dieser Hinsicht letzten Endes überlegen.
Schon lange hat mir kein Buch mehr so viel Spaß gemacht und noch nie konnte mich die griechische Mythologie so in ihren Bann ziehen. Ich kann es kaum erwarten, auch Millers Erstling „The Song of Achilles� lesen.
Perdita Weeks liest Circe in genau dem richtigen Tonfall, der die Melancholie trägt und die schöne Sprache gut zur Geltung bringt....more
Im Alten Ägypten kam es offenbar öfter vor, dass Mütter, die ihre neugeborenen Kinder aus irgendwelchen Gründen nicht behalten konnten, diese in einemIm Alten Ägypten kam es offenbar öfter vor, dass Mütter, die ihre neugeborenen Kinder aus irgendwelchen Gründen nicht behalten konnten, diese in einem Binsenkorb auf dem Nil aussetzten in der Hoffnung, dass jemand sich ihrer annehmen würde. So gelangt auch unser Protagonist zu seinen Adoptiveltern. Der Vater ist Arzt im Armenviertel und Sinuhe wird in seine Fußstapfen treten. Er wird jedoch auch furchtbare Fehler begehen und sein Weg wird ihn in andere Länder wie Syrien und Kreta führen. Wie das Schicksal es will, gelangt er schließlich in den Dunstkreis des jungen Thronfolgers Amenophis IV., der sich als Pharao jedoch anders nennen wird. Wir kennen ihn heute als Echnaton.
Warum ich dieses Buch nicht früher gelesen habe bzw. erst so spät von diesem Buch erfahren habe, weiß ich nicht. Es ist im Grunde für mich gemacht, nicht nur, dass ich mich brennend für Alte Geschichte und das Alte Ägypten interessiere: Es ist speziell die Amarna-Zeit unter dem enigmatischen Pharao Echnaton, die mich besonders fasziniert. Begründete er doch die erste monotheistische Religion � auch wenn dieser keine Dauerhaftigkeit beschieden war.
Mika Waltari lässt seinen Protagonisten auf historische Persönlichkeiten treffen und vermittelt so auf vergnügliche Art, wie Leben und Politik sich im Alten Ägypten gestaltet haben mögen und mit welchen anderen Reichen die Ägypter sich auseinanderzusetzen hatten. Der Forschungsstand bei Erscheinen des Buchs (1945) war natürlich nicht der heutige, doch die Abweichungen halten sich in Grenzen. Wissen wir doch heute, dass der durch sein prächtiges Grab bekannt gewordene Tutanchamun tatsächlich Echnatons Sohn war (nicht nur sein Schwiegersohn). Waltari dichtet diesem jung und unbedeutend verstorbenen Pharao eine frühe Besessenheit mit dem Thema Tod an, doch ist eher anzunehmen, dass sein Grab deshalb so prächtig ausgestattet war, weil es als einziges unentdeckt und unberaubt blieb. Bei Waltari ist Echnaton eine zwiespältige Figur � er ist klar seiner Zeit voraus, zeichnet sich durch Humanität und Pazifismus aus � seine Politik wirkt sich jedoch verheerend auf die innen- und außenpolitische Lage des Landes aus. Sinuhe durchlebt die unruhigen Zeiten mal besser, mal schlechter gestellt, wir begleiten in bis ins hohe Alter. Seine Jugendjahre machten mir ihn aufgrund seiner schweren Fehler etwas unsympathisch, was sich jedoch im Laufe seines weiteren Lebens wieder bessert. Die Auflösung um das Rätsel um Sinuhes Herkunft kommt nicht ganz unerwartet, ist aber dennoch ein schöner Twist.
Stilistisch liest der Roman sich für einen schon so altes Werk gut, politisch natürlich nicht ganz korrekt. Alles in allem ein klassischer Historienschmöker über eine der spannendsten Epochen des Alten Ägyptens....more
Die griechische Mythologie und ihre Sagen erleben momentan eine echte Renaissance, egal ob in Form von Fantasy-Jugendbüchern (Percy Jackson-Reihe), NaDie griechische Mythologie und ihre Sagen erleben momentan eine echte Renaissance, egal ob in Form von Fantasy-Jugendbüchern (Percy Jackson-Reihe), Nacherzählungen der Grundidee in modernem Setting (etwa „Home Fire� von Kamila Shamsie) oder klassischen Retellings („Circe� von Madeline Miller, The Silence of the Girls von Pat Barker), griechische Götter sind gefragt! (Es sei angemerkt, dass das Phänomen sich nicht auf die griechische Mythologie beschränkt, man siehe Neil Gaimans Buch über nordische Mythologie.)
Der Schauspieler und Autor Stephen Fry gehört zu jenen, die schon als Kinder von den Sagen des griechischen Altertums fasziniert waren und ergriff die Gelegenheit, die lieb gewonnenen Geschichten nach eigener Manier neuzuerzählen. Wer Stephen Fry kennt, ahnt, dass dies nur mit einer gehörigen Portion Humor einhergehen kann � und entsprechend ist das Ergebnis. Frys Interpretationen der Sagen sprühen vor Witz, gelegentliche Anspielungen auf lebende Persönlichkeiten sind voll beabsichtigt. Darüber hinaus kennen wir Stephen Fry als begnadeten Erzähler, seine Einlesungen der Harry Potter-Bücher sind regelrecht legendär. Dementsprechend entschied ich mich für das Hörbuch � und meine Erwartungen wurden voll erfüllt. Für jemanden wie mich, die einzelne Sagen und die wichtigsten Gottheiten kannte, jedoch nie ein zusammenhängendes Werk zum Thema gelesen hat, bringt Fry im wahrsten Sinne des Wortes Ordnung in das Chaos, er strukturiert sein Buch in mehr oder weniger chronologischer Form, beginnt mit dem genannten Chaos und der ersten Göttergeneration und gelangt über die Titanen und die olympischen Göttern zur Erschaffung der Menschen und den Geschichten um deren „Interaktionen� mit den Göttern. Einen Cut macht er bei den klassischen Heldensagen, denen er ein eigenes, nachfolgendes Buch gewidmet hat („Heroes�). Stephen Frys Witz und Erzähltalent machen daraus ein Buch, das Spaß macht und das man nur ungern zur Seite legt bzw. unterbricht. Aus den genannten Gründen empfehle ich unbedingt das Hörbuch, das Stephen Frys Text sicher noch einmal bereichert....more
Wir alle kennen die Geschichte von Odysseus, der zunächst 10 Jahre lang auf Seiten der Athener in Troja kämpfte und die geniale Idee mit dem TrojaniscWir alle kennen die Geschichte von Odysseus, der zunächst 10 Jahre lang auf Seiten der Athener in Troja kämpfte und die geniale Idee mit dem Trojanischen Pferd hatte und anschließend 10 Jahre lang verirrt durchs Mittelmeer kreuzte, bis er den Weg nach Ithaka und zu seiner Frau Penelope wiederfand, die ihm über all die Jahre treu blieb und sich entschlossener Avancen zahlreicher Heiratskandidaten erwehren musste. Doch die Odyssee wird aus Odysseus� Sicht geschildert, wie war das für Penelope, 20 Jahre lang auf den Ehemann zu warten und von Freiern belagert zu werden? Wie nahm sie die kaum noch für möglich gehaltene Rückkehr des Gatten wahr?
Ich sage es euch gleich, mir hat lange kein Buch solches Vergnügen bereitet wie dieses geniale Retelling. Penelope berichtet in der ersten Person von ihrem Leben, mit bissigem Humor und Feminismus. Gleich zu Beginn ruft sie ihre Geschlechtsgenossinnen auf, es ihr nicht gleichzutun, dass es nicht wert ist, zum Rollenmodell zu werden:
„And what did I amount to, once the official version gained ground? An edifying legend. A stick used to beat other women with. Why couldn’t they be as considerate, as trustworthy, as all-suffering as I had been? That was the line they took, the singers, the yarn-spinners. Don’t follow my example, I want to scream in your ears � yes, yours! But when I try to scream, I sound like an owl.� (Seite 2)
Penelope erzählt die Ereignisse ab dem Zeitpunkt ihrer Kindheit im Rückblick, längst befindet sie sich in der Unterwelt, von wo aus sie auch Einblicke in unsere Gegenwart hat. Moderne Retellings interessieren mich nicht, aber dieser Blickwinkel ist einmalig. Unterbrochen wird Penelopes Prosa von in Versform verfassten Chorgesängen der 12 Mägde, die Odysseus nach seiner Rückkehr hinrichten ließ, da sie sich Penelopes Freiern hingegeben hatten. Ich bin nun wahrlich keine Lyrik-Expertin, tue mich eher schwer damit, aber diese Lyrik! Das konnte mich erreichen, die Sprache ist einfach wunderbar!
Ich erwähnte schon den bissigen Humor, dieser durchzieht das gesamte Buch (auch die Lyrikteile) und hat mir besonders gut gefallen. Sowohl Männer als auch Frauen bekommen dabei ihr Fett weg, etwa die Schwiegermutter Antikleia oder die selbstsüchtige Cousine Helena.
Margaret Atwoods Penelopiade ist in meinen Augen ein Meisterwerk, ich fand das Buch schlicht großartig. Bereits Atwoods Roman „Alias Grace� konnte mich ja absolut überzeugen, damit ist Margaret Atwood wohl auf dem Weg, meine Lieblingsautorin zu werden. Als Nächstes werde ich „The Handmaid’s Tale� lesen, ich freue mich sehr darauf....more